Natur- und Vogelschutzverein Unterentfelden
Natur im Siedlungsraum Zielsetzung: Mehr Natur im Dorf! Um   die   Artenvielfalt   im   Wohn-   und   Industriegebiet   eines   Dorfes   zu   fördern, braucht   es   ein   minimales   Verständnis   für   Naturzusammenhänge,   deren weitreichende   Bedeutung   im   Heute   und   Morgen   sowie   praktisches   Know- how.   Und   natürlich   Interesse   und   Bereitschaft   der   Dorfbewohner   (private Gärten),   der   ortsansässigen   Betriebe   (Umgebungsgestaltung   Firmengelän- de)   und   der   Gemeinde   (öffentliche   Plätze   und   Grünflächen),   das   Dorf   mit vielen   naturnahen   Farben,   Formen,   Gerüchen   und   Geräuschen   zu   bereich- ern.   Dabei   ist   immer   auch   an   einen   längerfristigen   und   kostengünstigen Unterhalt zu denken. Firmengelände und öffentliche Grünflächen Hauptgrundlage: Nährstoffarmer Kiesboden und einheimische Pflanzen Nährstoffarme   Standorte   sind   besonders   reich   an   Pflanzen-   und   Tierarten. Offener   Kiesboden   ist   in   unserer   Landschaft   selten   geworden.   Natürlicher- weise   entstehen   diese   beispielsweise   bei   Überschwemmungen,   indem   ein Fluss   oder   Bach   Geschiebe   ablagert.   Auf   diesen   Kiesbänken   siedeln   sich   zu- erst   Pionierpflanzen   an,   z.B.   Mohn   oder   Huflattich   ("Märzeblüemli").   Im Laufe   der   Zeit   wird   das   Pflanzenkleid   immer   dichter   und   vielfältiger.   Es   gibt kaum   eine   Pflanzenart   im   Aargau,   die   nicht   auf   Kies   wachsen   kann.   Heer- scharen   von   Insekten   werden   durch   das   reiche   Blütenangebot   angelockt. Vom   Frühling   bis   spät   im   Herbst   blüht   immer   etwas.   Von   diesen   Insekten leben   wiederum   Eidechsen   und   Vögel.   In   kurzer   Zeit   wird   jedoch   vom   Kies kaum   mehr   etwas   zu   sehen   sein.   Bald   wird   nun   das   nächste   Hochwasser wieder   den   gesamten   Lebensraum   umgestalten   und   mit   neuen   Kiesbän- ken wieder neuen Lebensraum für Pioniere bereitstellen ... Was passiert auf den Kiesflächen (sog. Ruderalflächen)? In   unserer   stark   genutzten   Landschaft   haben   Bäche   und   Flüsse   kaum   noch Platz   zum   Überfluten.   Sie   fliessen   im   korrigierten,   kanalisierten   Bachbett und   können   deshalb   auch   keine   Kiesbänke   mehr   bilden.   Naturnahe   Umge- bungsgestaltungen   –   wie   hier   direkt   zwischen   den   beiden   Bächen   Uerke und   Suhre   gelegen   –   sind   deshalb   hervorragend   geeignete   Ersatzlebens- räume   für   eine   Vielzahl   von   Pflanzen   und   Tieren.   Sie   geben   der   Bevölke- rung wertvolle Erlebnismöglichkeiten direkt vor unserer Haustüre. Erstaunlich   ist   die   Artenvielfalt,   die   sich   mit   der   Zeit   auf   den   kargen   Kiesbö- den   entwickelt.   Interessant   auch   mitzuerleben,   wie   rasch   die   Pflanzen   vom Lebensraumangebot   Gebrauch   machen   und   in   kurzer   Zeit   alle   Plätze   erob- ern.   Immer   sieht   dieser   Lebensraum   wieder   anders   aus:   Zeitig   im   Frühjahr blühen   Huflattich   und   Wiesenschlüsselblume   ("Mattetänneli").   Bald   schon sieht   man   im   Frühsommer   Schwarzdorn,   Wundklee,   Wiesensalbei,   Margri- te,   Esparsette   und   die   erste   Akelei.   Jetzt   überstürzen   sich   die   Ereignisse, und   eine   unübersehbare   Vielzahl   von   Pflanzen   neigen   ihre   Blüten   der   Son- ne   entgegen.   Pollen,   Nektar   und   bereits   die   ersten   Samen   von   Huflattich locken   blütensuchende   Insekten   und   samenverzehrende   Vögel   (z.B.   Distel- finken   und   Grünfinken)   an.   Im   Hochsommer   gelangen   Wilde   Möhre,   Nat- ternkopf    und    Königskerzen    zur    Blüte.    Jetzt    beginnt    die    grosse    Zeit    der Schmetterlinge   und   Heuschrecken.   Gegen   den   Herbst   vergrössert   sich   das Samenangebot   immer   mehr   und   bietet   reiche   Nahrung   für   die   Vogelwelt, die   sich   den   nötigen   "Speck"   für   den   Winter   zulegen   muss.   Bald   wechseln die   Farben   von   grün   zu   gelb,   rot   und   braun.   Wichtig   ist   nun,   dass   auch   über den   Winter   Stauden   stehenbleiben   können,   als   Überwinterungsplatz   für Insektenstadien   und   bestes   Vogelfutter,   das   ja   in   der   kalten   Jahreszeit   be- sonders nötig ist. Wieso nur einheimische Pflanzen? Es   gibt   im   Aargau   ca.   1'500   einheimische   Pflanzenarten   und   gegen   20'000 Tierarten.   Nur   die   einheimischen   Pflanzen   bieten   den   einheimischen   Tier- arten   eine   genügende   Lebensgrundlage.   Sie   sind   die   Voraussetzung,   dass ganze   Nahrungsketten   entstehen   können.   Viele   Tierarten   fressen   nur   das Laub   einer   einzigen   einheimische   Pflanzenart,   alle   anderen   Pflanzen   fres- sen   sie   nicht.   Fehlt   diese   Pflanze,   fehlen   auch   alle   von   dieser   Art   abhängi- gen   Tiere.   Pro   Pflanzenart   leben   ca.   10-20   Tierarten.   Es   gibt   auch   beson- ders   wertvolle   Pflanzen,   wie   die   Wiesen-Flockenblume,   von   der   alleine   150 verschiedene   Tierarten   profitieren   können.   Einheimische   Pflanzen   lassen uns   zudem   den   Wechsel   der   Jahreszeiten,   der   für   unsere   Landschaft   so typisch   ist,   besonders   ausgeprägt   miterleben:   Im   Frühling   das   Erwachen der   Natur   mit   kräftigem   Grün,   gefolgt   vom   Weiss   vieler   Sträucher   und   Bäu- me   ("Bluescht"),   alsbald   folgt   das   Gelb   vieler   Wiesenpflanzen,   zu   dem   sich bald   darauf   auch   Blau   und   Rot   hinzugesellen.   Gegen   den   Herbst   erfolgt das   Verfärben   des   Laubes   in   vielen   Abstufungen,   bis   wieder   Braun-   und Grautöne   vorherrschen,   die   kahlen   Bäume   bald   von   Schnee   bedeckt   wer- den,   und   das   Sehnen   auf   den   nächsten   Frühling   beginnt.   Wie   monoton   und leblos   erscheinen   dagegen   z.B.   die   exotischen   immergrünen   Zwergsträu- cher ... Daneben ist wichtig: - Möglichst viel Wasser soll an Ort und Stelle versickern können. - Auf Dünger und Gifte wird verzichtet. - Der Unterhalt der naturnahen Flächen ist kostengünstig, da nur wenig Pflanzenmaterial aus dem nährstoffarmen Boden kommt und anfangs nur die Verbuschung verhindert werden muss. So können  erfahrungsge-mäss bis zu 80% der Unterhaltskosten einer konventionellen Umge-bungsgestaltung eingespart werden. Private Gärten Das   meiste   des   oben   Gesagten   gilt   natürlich   ebenso   für   die   Gärten.   Schaf- fen   Sie   mit   einer   abwechslungsreichen   Bepflanzung   mit   Unterschlupf-   und Nistgelegenheiten   eine   naturnahe   Heimat   für   Menschen,   Tiere   und   Pflan- zen. Einheimische Heckensträucher Wenn   Sie   einige   einheimische   Heckensträucher   im   Garten   haben,   können Sie   sich   vermehrt   über   den   Besuch   von   Vögeln   freuen.   Erfolgversprechend sind   Dornensträucher   wie   Schwarzdorn,   Weissdorn,   Kreuzdorn   oder   Hek- kenrosen.   Sie   lassen   sich   auch   während   der   Vegetationszeit   problemlos   zu- rückschneiden.   Wir   kennen   Lieferanten,   die   garantiert   einheimische   Pflan- zen   im   Sortiment   haben   –   fragen   Sie   uns!   Beste   Pflanzzeit   ist   übrigens   der Spätherbst. Blumenwiesen Planen   Sie   eine   Blumenwiese?   Dann   achten   Sie   auf   möglichst   mageren,   hu- musfreien    Boden.    Auf    humus-    und    nährstoffreichen    Böden    dominieren nämlich   nach   kurzer   Zeit   wieder   die   Gräser   und   verdrängen   die   Wiesenblu- men.   Entnehmen   Sie   also   die   oberste   Schicht   Humus.   Wollen   Sie   garantier- ten   Erfolg,   lohnt   es   sich   bei   kleinen   Flächen   Wiesenblumen   in   Töpfen   zu kaufen   und   diese   zu   pflanzen.   Fragen   Sie   uns   nach   bewährten   Lieferanten. Wenn   Sie   übrigens   Karde   im   Garten   haben,   kommt   im   Winter   bestimmt der farbenprächtige Distelfink – auch Stieglitz genannt – zu Besuch! Ruderalflächen Unter   einer   Ruderalfläche   versteht   man   eine   Fläche,   deren   oberste   Humus- schicht   entfernt   und   durch   grobes   Kies   mit   einigem   Feinanteil   ersetzt   wur- de.   Durch   die   natürlich   eingetragenen   oder   die   natürlicherweise   vorhande- nen   Samen   ist   es   sehr   spannend   zu   beobachten,   was   auf   einer   solchen   Flä- che    wächst    und    gedeiht.    Diese    sehr    spezielle    Lebensgemeinschaft    von Pflanzen   nennt   man   Klimaxgesellschaft   mit   ihren   Pionierarten.   Wagen   Sie ein   Experiment   und   schaffen   Sie   Platz   für   eine   solche   Fläche.   Auch   2-3   Qua- dratmeter    bieten    eine    lohnende    Erfahrung.    Die    Pflanzen    sind    sehr    an- spruchslos und schön anzuschauen. Dies nur einige Hinweise. Viele weitere Informationen und Ideen finden Sie unter https://www.birdlife.ch/de/content/natur-ums-haus Sie   finden   dort   zahlre iche    Anleitungen   und   Merkblätter    z.B.    für    das    Schaf- fen   eines   vogelfreundlichen   Gartens,   das   Schneiden   von   Sträuchern   und Hecken,   das   Anlegen   und   Pflegen   einer   Blumenwiese,   das   Schaffen   von Kleinstrukturen    (z.B.    Asthaufen,    Trockenmauern,    Tümpeln)    und    vieles mehr. Naturnahe Umgebungsgestaltung Haben   Sie   vor,   Haus-   oder   Garten   umzubauen   bzw.   umzugestalten?   Möch- ten   Sie   dies   naturnah   tun   und   dabei   auch   die   Artenvielfalt   bzw.   die   Biodive- rsität   fördern?   Dann   helfen   Ihnen   die“Empfehlungen   für   Bauen   mit   natur- naher   Umgebungsgestaltung”,   die   wir   gemeinsam   mit   der   Gemeinde   Un- terentfelden   herausgeben.   Sie   können   sie   bei   der   Abteilung   Bau   und   Pla- nung der Gemeinde beziehen oder hier downloaden.
Viele Infos finden Sie auch auf der Webseite des Naturama Aargau und in seiner Bro- schüre “Mehr Natur im Garten”.
Blumen auf einer Ruderalfläche
Schwarzdorn
 Karde